Der Name Emil Ludwig ist eng mit dessen
biographischen Werken zu bedeutenden Persönlichkeiten wie Napoleon (1925), Wilhelm II.
(1925) oder auch Bismarck (1926) verknüpft.
All diesen Werken ist nicht nur ihre hohe Auflagenzahl gemein, sondern auch,
dass sie sich gegen den Vorwurf der Unwissenschaftlichkeit von Seiten der
historischen Fachwissenschaft zur Wehr setzen mussten und so zum Gegenstand des
Streits um die sogenannte »Historische Belletristik« wurden. Auch wenn diese
Debatte bereits ab 1925 geführt wurde, wurde der Begriff erst endgültig 1928
mit dem Erscheinen des Sonderheftes »Historische Belletristik« der Historischen Zeitschrift, in welcher in
verschiedenen Rezensionen die populär gehaltene Geschichtsdarstellung an den
Pranger gestellt wurden, geprägt. Der Terminus »Historische Belletristik« wurde in diesem Zug in Abgrenzung zur professionellen
Geschichtswissenschaft zum stigmatisierenden Label für politisch
parteiergreifende und gleichzeitig populäre Geschichtsschreibung, die den
Anspruch historischer Wahrhaftigkeit erhob.
Vorgeworfen wurden den Autoren
historischer Biographien, dass ihre schriftstellerischen Werke zwar
wissenschaftliche Legitimität in Anspruch nahmen, zugleich aber nicht den
Kriterien genügten, welche für eine wissenschaftliche Biographie zu gelten
hatten. Dementsprechend ließen es sich die Kritiker nicht nehmen, auf faktische
Fehler und fehlende Belege in den Werken hinzuweisen. Des Weiteren wurde
kritisiert, dass die in den Biographien dargestellten Personen lediglich als
isolierte Einzelcharaktere porträtiert und die historisch-politischen
Zeitumstände außer Acht gelassen wurden, so dass kein umfassendes, kollektives
Bild der historischen Persönlichkeiten gezeichnet werden konnte. Bevorzugte
Gegenstände der biografischen Werke waren dabei die Symbolfiguren der
preußisch-deutschen Geschichte wie Wilhelm II. oder Bismarck. Dies wiederum
führte dazu, dass sich die zumeist prorepublikanischen Autoren außerdem
politisch intendierter Kritik vonseiten der wissenschaftlichen Historie stellen
mussten und sich auch hinter der vermeintlich fachlichen Kritik oftmals eine
politische Aversion gegenüber demokratischen Haltungen verbarg.
Auch Ludwig wurde nicht zuletzt
aufgrund der gewaltigen Auflagenhöhe seiner biographischen Werke zur
Zielscheibe dieser Kritik. In seiner Wilhelm
II.-Biographie, welche sich besonders dem Vorwurf fehlender Belege und
einer tendenziöser Quellenauswahl stellen musste, macht Ludwig den Versuch, aus
der psychologischen Deutung der Persönlichkeit des Kaisers heraus Ansprüche auf
Aussagen größerer Tragweite zu erzielen. Mit einer ähnlichen Kritik sah sich
das Werk Bismarck konfrontiert. Auch
hier wurde der Vorwurf laut, dass Ludwig Kenntnis über die
historisch-politischen Hintergründe fehle und Bismarcks Äußerungen aus ihrem
Kontext losgelöst präsentiert werden. Obwohl an gleicher Stelle in der Historischen Zeitschrift zwar
zugestanden wurde, dass Ludwig nicht den Anspruch vertrat, die Thematik
fachwissenschaftlich zu behandeln, wurde der Biographie dennoch attestiert, den
problematischen Charakter Bismarcks zu verfehlen und diesen nur einseitig
darzustellen. Schließlich geriet auch Ludwigs Werk zu Napoleon in das Spannungsfeld von Wissenschaftlichkeit und
Trivialität. Obwohl Ludwig sich selbst im Nachwort des biographischen Werkes
von jeglichem wissenschaftlichen Anspruch distanziert und vereinzelt sogar von
Kritikern eingeräumt wurde, dass die Wissenschaft von Ludwigs anschaulicher
Methode lernen könne, sieht sich der Autor auch hier mit den Vorwürfen der
Fehlerhaftigkeit, der Kritiklosigkeit sowie einer unkritischen Quellenauswahl
konfrontiert.
Ludwig selbst stellte sich in einem
Beitrag der Neuen Rundschau im März
1929 diesen Vorwürfen, indem er den Versuch unternahm, »nachträglich eine
›Historik‹ der historischen Belletristik zu konstruieren« und beide Methoden
der Geschichtsschreibung mit ihrer jeweils eigenen Zielsetzung zu legitimieren.
Dabei verteidigt er besonders die Berechtigung einer »Geschichtsschreibung, die
vor allem Kunst sein wolle«.
Julia Eylers