Emil
Ludwig rettet 1945 Deutsches Kulturgut – die Dichtersärge von Goethe und
Schiller
Emil
Ludwig war als Publizist und Schriftsteller voller Bewunderung für die großen
Dichter Johann Wolfgang von Goethe und Friedrich Schiller, er biografierte sogar Goethe. Seit 1940 befand sich Ludwig in
den USA. Dort nahm er Aufgaben als Sonderbeauftragter Präsident Roosevelts
wahr. Zur Zeit der Befreiung Deutschlands durch die Amerikaner 1945 hielt sich
Emil Ludwig bereits in Europa auf, da er den amerikanischen Soldaten folgte. Er
erreichte im April 1945 den Flughafen Frankfurt am Main und bereiste in
Süddeutschland einige Orte, bis er am 26.April 1945 Weimar erreichte.
Über die Särge vor und während des 2.
Weltkrieges
Die
Särge von Goethe und Schiller waren von den Deutschen als wichtiges Kulturgut
geschützt und lagen für jeden zugänglich in der Fürstengrube der Weimarer
Herzöge. Die Sarkophage waren Wallfahrtsort der Deutschen. Während des Krieges
wurden wertvolle staatliche Kulturgüter und so auch 1944 die Särge von Goethe
und Schiller als Bergungsmaßnahme vor Luftangriffen in den Jenaer Hochbunker
Knebelstraße verbracht. Die Goethe- Gesellschaft war gegen eine Überführung der
Särge. Man holte sich lediglich die »formelle Erlaubnis« der »großherzoglichen Familie«,
und schließlich erfolgte am 11. Dezember 1944 die Überführung durch die SS in
den Hochbunker.
Woher wusste Emil Ludwig, dass die
Särge verschwunden waren?
Emil
Ludwig schickte jedes Jahr zum Geburtstag Goethes einen Strauß Blumen zu seinem
Grab. Als er auf einer Reise nach Weimar persönlich einen Blumenstrauß
vorbeibringen wollte, erzählte ihm der Direktor des Goethehauses, dass die
Särge nicht mehr am ursprünglichen Ort seien. Das beunruhigte Emil Ludwig so
sehr, dass er sich nach Kriegsende sofort auf die Mission begab, sie zu finden.
Mission: Rettung der Dichtersärge –
Unterstützer
Einen
großen Anteil an der Rettung der Dichtersärge hatte insbesondere der leitende
Luftschutzarzt Dr. Werner Knyp, der mit dem Juristen
Dr. Kurt Bach die Rettungsaktion plante. Die SS versuchte im Bunker zu Zeiten
des Angriffs auf Weimar, 150.000 weitere Sprengkörper im Luftschutzbunker
einzulagern. Entschieden stellte sich Dr. Knyp gegen
die SS mit der Begründung, die Genfer Konvention erlaube eine Lagerung von
Waffen in Krankenhäusern nicht. Daraufhin drohte die SS, das gesamte
Krankenhaus samt Dichtersärgen in die Luft zu sprengen. Aufgrund der
zeitdrängenden Entwicklungen suchte Dr. Knyp nach
Möglichkeiten die Särge vor dem Sprengtrupp zu verstecken. Dr. Kurt Bach war
wertvoller Informant für die Rettungsaktion. Dr. Knyp
führte schließlich die Rettungsaktion alleine aus, da er wegen
Befehlsverweigerung gesucht wurde. Kurzfristige Hilfe bei der Rettungsaktion
der Särge hatte er vom Sanitätsfeldwebel Willy Anschütz, sowie einer nicht
informierten Sanitätssoldatengruppe, die die Särge in einem Depotraum der
Sanitätsrettungsstelle verbargen.
Mission: Strategische Suche der
Dichtersärge – Emil Ludwig
Der
Direktor des Goethehauses hatte während des Nazi- Regimes aus Todesangst nicht
nach dem Verbleib der Särge gesucht. Auch nach Kriegsende, auf Nachfrage
Ludwigs, war ihm weder der Lagerungsort bekannt, noch war die Suche nach den
Särgen begonnen worden. Aufgrund
seiner beharrlichen Suche erhielt Emil Ludwig einen Hinweis, der die größten
Erfolgsaussichten versprach, sie in dem Luftschutzbunker in Jena zu finden. Die
Strategie, zunächst im Ausschlussverfahren Luftschutzbunker zu suchen, sollte
sich als lohnend herausstellen. Nachdem er bei der örtlichen Polizei
keine großen Auskünfte erhielt, suchte er erfolglos zwei geschlossene
Luftschutzbunker auf und traf bei dem dritten Luftschutzbunker auf Dr. Kurt
Bach, der ihn zu den Särgen führte. Er bat darum, die Inschriften lesen zu dürfen,
konnte aber nur die Inschrift Schillers erkennen, da der obere Sarg mit der
Inschrift zur Wand lag. Emil Ludwig legte einen Fliederstrauß nieder und
zitierte Goethe. Erna Knye beschreibt Emil Ludwig als
»größten Verehrer Goethes«. Sie beschreibt seine Rührung so: »ihm stehen die
Tränen im Auge, als er die Särge sieht«. Aufgrund seiner guten amerikanischen
Verbindungen übergab Emil Ludwig die Särge in die Hand des amerikanischen
Militärs. Dort hob er den Wert dieses Fundes als Deutsches
Kulturgut hervor.
Publizierte Berichte über den Fund der
Särge aus erster Hand von Emil Ludwig
Emil
Ludwig berichtete am 27.07.1945 den Amerikanern in der New Yorker
Wochenzeitschrift Aufbau in »Wie ich
die Särge Goethe und Schillers wiederentdeckte« über seine glücklich
verlaufende Mission zur Rettung deutschen Kulturgutes. Den Bericht publizierte
er zudem am 24.05.1947 in Die Welt
und am 22.11.1947 in der Bamberger Tageszeitung Fränkischer Tag unter dem Titel »Wie ich die Särge Goethes und
Schillers fand«.
Anja Gerstmann, Stefanie
Holtz, Sulamith Wedler