Prozesse und Klagen von und gegen Emil Ludwig

 

 

Emil Ludwig ist ein streitbarer Schriftsteller. Schon zu Lebzeiten eckt er mit verschiedenen Menschen an. So kommt es, dass Emil Ludwig sowohl von Kaiser Wilhelm II. im Jahr 1922 als auch von Karl Kraus im Jahr 1931 verklagt wird. Ludwig selbst setzt sich 1930 gegen Upton Sinclair zur Wehr, weil er seine Persönlichkeitsrechte verletzt sieht.

Im Oktober 1922 führt Kaiser Wilhelm II. einen Prozess gegen Emil Ludwig, da dieser den Kaiser in einem Theaterstück darstellen lässt. In Anlehnung an den dritten Teil von Bismarcks Werk Gedanken und Erinnerungen stellt Ludwig in dem Theaterstück Die Entlassung (1922) die Amtsenthebung Bismarcks dar. Bereits gegen das Erscheinen des Buches war Wilhelm II. vorgegangen, ehe er 1921 seinen Widerstand aufgibt, da die wichtigsten Kapitel schon in ausländischen Zeitungen gedruckt worden sind. In seinem Buch Geschenke des Lebens (1931) erklärt Ludwig später, er habe das Stück mit der Absicht geschrieben, zu zeigen, wie gefährlich es sei, einem Mann die Macht im Staate zu geben, nur weil er der Sohn eines anderen Mannes ist.

Noch bevor das Stück Die Entlassung gedruckt oder aufgeführt wird, verklagt Wilhelm II. Ludwig aus seinem niederländischen Asyl wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte. Es ist nicht klar, wie Wilhelm II. von dem Stück erfährt. Ludwig berichtet, ihm sei ein Manuskript gestohlen und Wilhelm II. zugespielt worden. Die Richter des Landgerichts stimmen Wilhelm II. zu, da sie ihn jeder beliebigen Privatperson gleichstellen. Emil Ludwig jedoch ruft als Appellationsinstanz das Berliner Kammergericht (Oberlandesgericht) an, das sich dem Spruch der Richter nicht anschließt. Das Berliner Kammergericht weist Wilhelms Klage ab und entscheidet zugunsten Emil Ludwigs. Das Stück darf aufgeführt werden, da Wilhelm »eine Figur der Geschichte« sei.

Der österreichische Schriftsteller Karl Kraus verklagt Emil Ludwig im August 1931 wegen Ehrenbeleidigung. In seinem Buch Geschenke des Lebens (1931) hatte Ludwig Kraus seiner Meinung nach beleidigt, indem er ihm Reklamesucht unterstellt. Kraus würde, »wenn er Geld für arme Menschen und Tiere hergibt, es auf jedes Plakat und auf jede Nummer seiner Zeitschrift schreiben«. Das Amtsgericht Berlin Mitte weist die Klage im Dezember 1931 auf Kosten des Klägers zurück. Die Zurückweisung begründet das Gericht wie folgt: Die Darstellung von Kraus in dem Buch erfolgt in Form einer Gegenüberstellung mit Peter Altenberg, einem ebenfalls österreichischen Schriftsteller, der dem Autor offenbar sympathisch war. Ludwig sei sich der Beleidigung von Kraus nicht bewusst gewesen und habe nicht die Absicht gehabt, Kraus zu beleidigen. Zudem verweist das Gericht auf das freie schriftstellerische Schaffen. Der Beschwerdeantrag des Anwalts von Karl Kraus gegen den Beschluss wird schließlich ebenfalls zurückgewiesen.

Auch Emil Ludwig reicht Klage ein, weil auf dem hinteren Umschlag des Buches Das Geld schreibt von Upton Sinclair (Malik-Verlag, 1930) ein Foto abgedruckt ist, das Ludwig, seine Frau, sein Kind und den Hund auf der Terrasse seiner Villa in Ascona zeigt. Darüber steht geschrieben: »Seid umschlungen, Millionen! Damit hat Schiller keine amerikanischen Dollars gemeint, wie man es bei uns in Amerika verstehen könnte.« Das Reproduktionsrecht für das Bild war zwar von einem Pressearchiv erworben worden, dem Ludwig das Bild zu Reklamezwecken überlassen hat, das Gericht entscheidet letztlich trotzdem zugunsten Ludwigs, da das Persönlichkeitsrecht verletzt worden sei. Folglich werden die Köpfe aus den Umschlägen ausgestanzt. Wieder möchte Ludwig klagen, doch sein Bevollmächtigter Ernst Rowohlt lehnt dies ab.

 

Kristina Niehaus